Ahnung poetischer Schönheit
Es verwundert nicht, dass Simone Haas ursprünglich vom Modedesign herkommt. Mit scheinbar leichter Hand faltet sie die fragilen, dünnen Tonplatten zu Skulpturen, als wäre es Stoff, lässt sie grosszügig nach ihrer Schwerkraft fallen oder drapiert sie vielschichtig zu Figuren. Eine vordergründige Abstraktion geht einher mit der zarten Andeutung des weiblichen Körpers darunter, anmutige Verhüllung des Vorstellbaren. Der Umgang mit dem dünnen, schnell zerbrechlich werdenden Tonblatt bedingt ein schnelles Arbeiten, viel Erfahrung und Geschicklichkeit. Im 900° heissen Ofen werden die Kunstwerke dann gebrannt. «Das Brennen ist Teil des Handwerks und ebenso Kunst wie das Modellieren», sagte Simone Haas in einem Interview. Oft verfremdet die Künstlerin die Oberfläche mit einer feinen textilen Struktur oder gibt ihr einen unerwarteten, farbigen Anstrich: taucht den gefalteten Ton etwa in plakatives Blau, in stählernes Grau oder in blendend weisse Glasur, was der Skulptur einen ganz neuen Charakter gibt. Oder sie giesst, die neueste Entwicklung, die Figur in Bronze – spannender Kontrast zwischen Zerbrechlichkeit und harter Materie. Simone Haas fasziniert es, ein Material bis an seine Grenzen auszureizen. Mit ihren Skulpturen hat sie schon seit Jahren Erfolge im In- und Ausland.
Portrait
Simone Haas, 1945 in Porrentruy geboren, hat schon als junges Mädchen auf der Kunstgewerbeschule ihr Flair für Schnitte und Stoffe entdeckt. Später entwarf sie in Zürich Mode und brachte ihre Ideen in Zeitschriften ein. Ihre zwei Kinder veränderten den Berufsweg. Zufällig kam sie Anfang der 8O-er Jahre mit dem Material Ton zusammen. Die Faszination, immer dünnere Schichten auszuweIlen und sie wie Stoff zu drappieren, hat sie nicht mehr losgelassen.
- Ausbildung als Modezeichnerin an der Kunstgewerbeschule Basel.
- Gestaltet als Keramikerin seit 15 Jahren fragile Tonskulpturen eigener Art.
- Verschiedene erfolgreiche Ausstellungen in den letzten Jahren im In- und Ausland.
- Ab 1979 eigenes Atelier in der Altstadtvon Zürich.
- Leitet seit 1990 jährlich 4-5 Keramikkurse in kleinen Gruppen, auch für Anfänger, an ihrem idyllischen zweiten Wohnsitz im Herzen der Provence.
- Neue Arbeiten: Kleinskulpturen in Bronce, Eisenplastiken, Figuren in Granit und Speckstein.
Textil fragil, aus Stein gehauen oder Eisen pur
Sie arbeitet mit Ton, als ob es Stoff wäre – gleichzeitig gibt sie Steinen eine neue Form oder lässt aus Eisen Bäume schneiden. Ein Portrait von Simone Haas.
Text: Brigitte Kesselring, Fotos: Jürg Haas